Buenos Aires

Aufgefallen

"Buenos Aires es horrible de fea" - "Buenos Aires ist atemberaubend hässlich" schrieb Jorge Luis Borges, ein argentinischer Schriftsteller und Bibliothekar, der eine Vielzahl von Kurzgeschichten, Gedichten und phantastischer Erzählungen verfasste. Der Architekt José Maria Pena antwortete darauf: "Lo que pasa es que Borges era ciego" - "Fakt ist, daß Borges blind war". 

Was soll uns diese Einleitung sagen? Buenos Aires polarisiert. Entweder man mag es oder man hasst es. Es ist vergleichbar mit einem Bienenschwarm oder einem großen Ameisenhaufen. Überall wuselt es und brummt es. 18.000 Busse, 40.000 gelb-schwarze Taxis und sehr viel sonstige Verkehrsteilnehmer sorgen dafür, daß es immer brummt.

In der Hauptstadt Argentiniens leben etwa ein Drittel der Einwohner Argentiniens, also etwa 13 Millionen. Man kommt sich jedoch nicht wie in einer südamerikanischen Hauptstadt vor, sondern fühlt sich eher wie in einer großen südeuropäischen Metropole. Es gibt haufenweise Plätze mit viel Grün, Denkmälern, platanengesäumten Alleen und Straßen, mehrstöckige sehr hohe Häuser mit viel Stuck und schmiedeisernen Balkonen aus der Jahrhundertwende. Vielfach sind diese Häuser wunderbar renoviert; teilweise stehen sie aber auch kurz vor dem Zerfall. Das ist der Eindruck, den wir aus dem Zentrum mitgenommen haben.

Die Polizei fährt den ganzen Tag, also so bald sie aus dem Revier hinausfährt, mit eingeschaltetem Blaulicht in der Stadt herum. Möglicherweise aus Präventionsgründen. Und an jeder zweiten Straßenecke sieht man Fußstreifen. Polizeiliche Präsenz überall. Die Geschäfte sind nachts immer mit Eisengittern verrammelt oder komplett mit massiven Blechrollos verschlossen. Größere Einkaufspassagen werden durch bewaffnetes Personal überwacht. Unser Hotel ist Tag und Nacht versperrt. Der Reiseführer schreibt, in diversen Stadtteilen sollte man sich nicht von den Touristenstraßen herunter bewegen.

Alles ein Szenario, daß einem irgendwie Angst macht. Aber wir haben auf den Straßen kein einziges Mal irgeneine negative Erfahrung gemacht oder gesehen. Weder einen rasenden Motorradfahrer, der dir die Tasche von der Schulter reißt. Noch irgenwelche anderen finsteren Gestalten, für die man als Polizist irgendwie ein wenig ein Gespür hat. Auch in dem besonders gefährlichen Stadtteil La Boca ist uns nichts aufgefallen. Ich denke, so wie man mit den Leuten umgeht so gehen sie auch mit uns um.  Es sind Leute wie du und ich mit all ihren Sorgen, Problemen und Nöten. Und ein freundliches Lachen und ein netter Kontakt brechen alle Schranken.

Wenn wir schon gerade bei den Männern sind. Die Frauen können den nächsten Absatz überlesen oder mich dazu verdonnern, fünf € in die Machokasse zu zahlen. Südamerika ist was für das männliche Geschlecht. Hier herrscht ein relativ großer Frauenüberschuss. Wie bei uns zu Hause gibt es hübschere und weniger hübschere. Aber die Anzahl der hübschen ist nicht gerade klein und die nicht gerade wenigen tun bei der Frühjahrshitze alles, um hübsch zu sein. Gestylt mit den luftigsten Sommerkleidchen, hochhackigen Schuhe, usw. usw.  Das schlägt sich natürlich auch in der Schwangerenquote nieder. Rosi sagte noch ,sie hat noch nie so viele (wenngleich auch noch nie so viele junge Frauen) mit dickem Bauch gesehen.

Es gibt prachtvolle Einkaufsstraßen, in denen es alles gibt. Während der Busrundfahrt fuhren wir auch durch eine der teuersten Luxus- und Einkaufsstraßen der Welt, wie der Audioguide uns informierte. Und dreimal dürft ihr raten, wer seinen Sitz in genau dieser Straße hat. Die Apostolische Nuntiatur  (die ständige Vertretung des Papstes im jeweiligen Land) ... Bescheidenheit tut Not ... oder täte Not.....

Einige Leute haben uns in den letzten Wochen im Gespräch gesagt, große Motorräder findet ihr nur in der großen Stadt Buenos Aires. In den letzten paar Tagen haben wir jedoch maximal 15 große Bikes gesehen. Bestimmt die Hälfte davon waren (wie zuhause auch) BMW R 1200 GS.


02.12.2013 - Capital Federal Buenos Aires

Wetter: schon in der Früh warm - bis 31 Grad - abends ein kurzes Hitzegewitter

Jetzt sind wir in der riesigen Stadt angekommen und wußten noch gar nicht so recht, was wir alles anschauen möchten. Daher nahmen wir uns heute morgen zuallererst zwei Stunden Zeit, die möglichen interessanten Sehenswürdigkeiten und "Must Haves" herauszufiltern. Im Anschluß lokalisierten wir diese im Internet und übertrugen sie auf einen Stadtplan. So können wir nun etwas planen und uns die Tage einteilen.

Kurz vor Mittag machten wir uns also gut beschuht ins nördliche Zentrum auf, um die dortigen Sehenswürdigkeiten zu bestaunen. Wie bereits schon weiter oben beschrieben, sind in der ganzen Stadt immer wieder ganze Straßenzüge mit teilweise frisch renovierten und sehr schönen Fassaden als auch tolle öffentliche Bauwerke anzuschauen. Zunächst ging es vom Hotel aus in den östlichen Bereich unseres Stadtteils San Telmo. Diesen werden wir morgen noch näher unter die Lupe nehmen. Von dort aus überquerten wir die "Avenida 9 de Julio", eine Prachtstraße, die mit 21 Fahrspuren und 140 Metern Breite (inclusive aller Neben- und Busspuren) eine oder gar DIE breiteste Straße der Welt sein dürfte. Man braucht teilweise bis zu drei Ampelphasen an den Fußgängerampeln, bis man sie komplett überquert hat. Auf der anderen Seite kamen wir in den Stadtteil Monserrat, bei dem wir zunächst zum "km 0" wanderten. Hier ist sozusagen das Zentrum aller argentinischen Straßen. Von diesem Punkt aus werden alle Entfernungen in Argentinien gemessen.

Etwas weiter im Norden gelangten wir zum Gebäude des Kongresses, das hochaufragend und imposant den Plaza de los dos Congreses nach Norden hin abschließt. Zwanzig Minuten später waren wir in der Avenida Corrientes gelandet, wor wir im sogenannten Paseo de Plaza das einzige Beatles-Museum in Südamerika besichtigen konnten, das 2010 von Rodolfo Vasquez gegründet wurde. Das wäre etwas für meinen Arbeitskollegen Wolfgang Gü., einem alten Rockfan, gewesen. Hinterher zog es uns wieder zurück in Richtung des Congreso, da dort die erste Ugi´s-Filiale ihren Platz hat. Dort gibt es nur ein Gericht, nämlich die "Ugi´s Grande Pizza de Muzzarella a la Piedra", ein krosse hauchdünne dreißig Zentimeter große Mozzarellapizza. Schmeckt aber super. Ugi hat in BA mehrere Restaurants, die fast immer offen haben und die inneneinrichtungsmäßig den Charme einer Krankenhaus-Notaufnahme haben. Weiß gekachelt mit Stahlrohrstühlen. Das Bersondere an dieser Pizza ist, daß sie sozusagen einen Indikator für die Entwicklung der argentinischen Wirtschaft darstellt. Geht die Wirtschaft rauf oder runter, sind auch die mit einem ausgedruckten Fetzen Papier weithin sichtbaren Preise für die "Große Mozarella" weiter oben oder unten.

Um zu einer sehenswerten Buchhandlung zu gelangen, zog es uns noch gut zwei Kilometer weiter nach Osten in den Stadtteil San Nicolas hinein. Das "El Ateneo" ist in einem alten Theater untergebracht und wunderschön anzuschauen. Mittendrin auf der Bühne befindet sich ein Cafe und im ganzen Theater sitzen ruhig und schön gekühlt die Leute beim Lesen herum. Von der Ruheoase aus wieder zurück auf der Straße brodelte und brummte es wieder mit gut über dreißig Grad Außentemperatur.

Den Abschluß unseres Tagesprogrammes bildet der Gang zum Obelisken, wie Rosi auch heute schön zu sagen pflegte: "Gehen wir zum Obelix". Dieses 67,5 m hohe Ungetüm steht mitten auf der 21-spurigen Straße und wurde am 25. Mai 1936 (=Unabhängigkeitstag) zum 400. Jahrestag der Gründung von BA dort aufgestellt, wo 1812 erstmalig die argentinische Flagge gehisst wurde. Die Stadtväter hatten das wohl nicht ganz zu Ende gedacht und beschlossen Jahre später den wieder den Abriss... das Ding steht jedoch noch heute.

Nun war es an der Zeit. mit pochenden Füssen und einem drohend hereinziehenden Gewitter in Richtung "Heimat" zu stiefeln. Den Wettbewerb mit Petrus entschied dieser dieses mal für sich und wir wurden kurz vor dem Hotel noch ordentlich nass.


03.12.2013 - der erste "warme Geburtstag" in Buenos Aires

Wetter: was soll ich sagen... Blue Sky, Thirty degrees Celsius, as every day

Nach der gestrigen Besichtigung des Stadtzentrums hatten wir uns für heute das alte Hafenviertel und das daran anschließende südliche Gebiet von San Telmo vorgenommen. Der Vorteil unseres Hotels ist die relativ gute Lage, von der aus man in einigermaßen Gehweite viele Sehenswürdigkeiten sich erlaufen kann. Innerhalb einer guten Viertelstunde waren wir am Plaza de Mayo angelangt.

Auf dessen Südseite liegt ein Gebäude, in dem wichtige politische Entscheidungen gefällt werden, die "Casa Rosada", der Prädisentenpalast. Etwa seit Ende des 19. Jahrhunderts hat das Gebäude sein jetziges Aussehen. Die rosa Farbe geht auf den Präsidenten Sarmiento zurück und soll die Einheit Argentiniens  symbolisieren. Dieser hatte 1873 angeblich für den Anstrich rote und weiße Farbe mischen lassen, daß damals die Symbole der verfeindeten Lager war. Leider kann der Palast nur am Sonntag besichtigt werden. Da schafft der Cheffe wohl nix....

Gegenüber dem Präsidentenpalast befindet sich der Cabildo, der frühere Sitz des Rates von Buenos Aires. Hier wurde die Losläösung von Spanien verkündet. Heute beherbergt der Cabildo ein Museum.  Zwei weitere bedeutende Gebäude befinden sich an der Plaza del Mayo. Zum Einen die Nationalbank, zum Anderen die Kathedrale der Stadt. Auffallend an der Kathedrale ist, daß das Hauptschiff eigentlich relativ klein ist und links und rechts davon sehr viele kleine Seitenaltäre angebracht sind, die mehr Platz haben, als das eigentliche Hauptschiff. In einem der Seitenaltäre ist das Grab des Generals José de San Martin untergebracht, der Argentinien 1816 in die Unabhängigkeit geführt hatte.

Nach dem Plaza de Mayo wandten wir uns weiter dem alten Hafen zu, der in vier größere Becken aufgeteilt ist. Rund um diese Becken wurden auf der Nordseite alte Hafenspeicher teilweise aufwändig restauriert und umgebaut, auf der gegenüberliegenden Seite haben sie im Stadtteil Puerto Madero überwiegend Neubauen mit (vermutlich unbezahlbaren) Eigentumswohnungen hingestellt.

Dort verbrachten wir auch in einem netten Sushi-Restaurant einige Zeit mit Alfs Geburtstagsessen. Erstmals kamen wir auch in den Genuss, einen Pisco Sour genießen zu dürfen. Dies ist ein Cocktail aus Traubenschnaps, Limettensaft, Angosturabitter und Eiweiß. Das Zeug ist hier in Südamerika so was ähnliches wie ein Nationalgetränk. Leeecker...


04.12.2013 - Auf den Spuren von Diego Armando Maradona

Wetter: The same procedure as yesterday ...

Ausgiebig gefrühstückt ging es am späten Vormittag mit dem Bus nach La Boca, einem Ortsteil von Buenos Aires, der im Südwesten am Meer liegt. Nach mehrmaligem Durchfragen hatten wir schließlich die richtige Linie und die "Parada" gefunden und brauchten also nur noch mit dem Bus zu fahren, dachten wir. Rein in den Bus und zwei mal "La Boca" beim Fahrer bestellt... doch der schaute mich nur ungläubig an und verwies mich an den Kassenautomaten hinter sich. Beim Busfahren sollte man immer einen kleinen Vorrat an "Moneda" dabeihaben. Ohne Kleingeld geht nichts, der Busfahrer wechselt auch nichts. Oder man holt sich vorher an bestimmten Stellen eine "SUBE-Karte", die aufgeladen werden kann und man zahlt im Bus mit dieser Karte. Freundlicherweise wechselten uns dann ein paar Leute die Scheine in Kleingeld und so mußten wir nicht zum "Schwarzfahrer" mutieren.

Im Stadtteil La Boca machten wir uns auf die Suche nach "La Bonbonera", der Pralinenschachtel. So wird das Stadion der weltberühmten "Boca Juniors" genannt. Dieses hat seinen Platz mitten in einem Wohngebiet und ragt turmhoch auf. Der wohl berühmteste Spieler, den die Juniuors aus ihren Reihen hervorbrachten, ist kein anderer als der kleine dicke pummelige, aber geniale Diego Armando Maradona.

In einer dreiviertelstündigen Führung durch das Stadion erklärte uns ein Führer die Einzelheiten des Stadions. Da wird bei den Juniors mit allen psychologischen Tricks gearbeitet. Die Stehtribüne ist so gebaut, daß die Fans durch Hüpfen auf der Stelle und mit Hilfe der Akustik im Stadion einen Riesenlärm machen und so den Gegner durch Krach und Gesänge einschüchtern können. Es gibt am Rand keine Tartanbahn, die Zuschauer sitzen sozusagen fast an der Seitenlinie. Die Kabinen der Gegner sind relativ einfach und schlicht gehalten und liegen genau unter den Stehtribünen mit dem Krach. Die eigenen Kabinen sind unter der ruhigen Sitzplatztribüne und mit allem Schnickschnack ausgestattet. Nur 5.000 der 55.000 Plätze sind für die gegnerischen Fans bestimmt und diese liegen so ungünstig, daß die Fans keine große Unterstützung für die gegnerische Mannschaft sind.

Nach dem Besuch von Diegos Ex-Arbeitsplatz wandten wir uns dem Viertel am Hafen zu, das wegen seiner originellen Häuser berühmt ist. Diese wurden aus Blech erbaut, angeblich aus dem von abgewrackten Schiffen, und dann sehr bunt und dick mit Schiffslack bemalt. Am sogenannten Caminito harmonieren diese Häuser mit den bunten auf den Leinen aufgehängten Wäschestücken und mittendrin findet ein Künstlerflohmarkt statt. Wirkt zwar für mich etwas hindrapiert. Aber die Touris mögen es wohl so.

Kleine Rundumsicht von der Stehtribüne des Stadions des Club Atlético Boca Juniors (CABJ). Man nennt es auch "La Bombonera", offiziell Estadio Alberto Jacinto Armando.


05.12.2013 - Mit dem Touri-Cabrio-Bus durchs Städtle

Wetter: ich sag nix - schaut euch einfach das erste Bild an

Frei nach Reinhard Fendrichs Liedtext aus "Strada del Sole":  I steh in da Hitz an da Strada del sole. Die Fia tamma weh in die neich'n Sandale....  haben wir uns heute eine Bustour ausgesucht. Die letzten Tage sind wir glaub ich so 15 - 20 km durch Buenos Aires getrabt. Wir haben viel gesehen. Aber heut machten wir einen auf faul und haben uns in den "Oben-Ohne-Bus" von BuenosAiresBus gesetzt.

Männer, nicht das was ihr jetzt denkt. Leider... ;-(( . Da müssen die Mädels schon angezogen reinsitzen. Es ist auch ganz nett, die weiter auseinander liegenden Stadtteile anzufahren und sich dort ein wenig umzuschauen. Für 150 Pesos kann man 24 Stunden mit dem Bus durch die Stadt fahren und an einer der 25 Haltestellen ein- und aussteigen. Im Bus selbst gibt es Audioguides, die einem in der Heimatsprache ausführliche Infos zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten geben.

Wir waren mit der Tour dann doch gut 5 Stunden unterwegs, da wir zwischenzeitlich von irgendeiner Gewerkschaftsdemonstration, die eine der Hauptverkehrsstraßen blockierte, ziemlich aufgehalten wurden. Aber es war schön , das Ganze mal aus dem ersten Stock im Cabrio zu sehen. Gegen später wollten wir die Tour zunächst teilweise nochmals mitfahren, um schön beleuchtete Sehenswürdigkeiten bei Nacht zu fotografieren. Aufgrund des Fahrplanes und der damit verbundenen Anlaufstellen war das jedoch in einem vernünftigen Rahmen nicht möglich. Daher entschlossen wir uns, nochmals die Sandalen rauszuholen und auf Schusters Rappen durch die Stadt zu gehen. Und, ihr glaubt es nicht ... bis auf den Obelisken, das Wahrzeichen der Stadt, ist so gut wie keine Sehenswürdigkeit nachts beleuchtet. Entweder hams koi Geld oder sie müssen Strom sparen.


06.12.2013 - Nikolausi

Wetter: keine Änderungen, angenehm warm mit ca. 25 Grad

Die Internetverbindung im Hotel ist die letzten Tage wie bereits beschrieben mal richtig bescheiden. Um euch auf dem Laufenden zu halten, haben wir keine Mühen gescheut und sind nochmals in den alten Hafen gelaufen, um beim Sushi-Men die Fibertel-Zone mit einem "Muy-Rapido-Internet" in Anspruch zu nehmen. Das Laptop auf den Tisch und ruckzuck waren in Windeseile gut achzig Bilder hochgeladen. Was tut man(n) nicht alles für die Daheimgebliebenen.

Mal schauen, was uns der Nikolausi noch so bringt...


Weiter geht es wieder im Kapitel ---> Argentinien mit dem 07.12.2013.